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Interview

24. April 2023 | Finanzen
Interview mit Finanzexperte Maximilian Götze

"Hohe Zinsen? Können Sie abschreiben!"

Finanz- und Vermögensberater Maximilian Götze darüber, weshalb der Immobilienkauf nicht an hohen Bankzinsen scheitern muss.

Finanzexperte: "So nutzen Sie Sparchancen bei der Immobilienfinanzierung."

Viele Kaufinteressenten sind derzeit verunsichert und beobachten unruhig die Entwicklung an den Zinsmärkten. Rechnet sich der Immobilienkauf bei weiter steigenden Zinsen noch? Wie wirkt sich die Inflation auf meine Finanzierungspläne aus? Und wie steigere ich meine Chancen, damit die Bank den Kreditantrag auch bewilligt?

Antworten auf diese Fragen und konkrete Tipps und Anregungen, um bei der Immobilienfinanzierung zu sparen, gibt der Berliner Finanz- und Vermögensberater Maximilian Götze in diesem Interview.

ImmoKEY (IK): Die stark gestiegenen Hypothekenzinsen verteuern den Immobilienkauf, die Banken prüfen Kredite strenger - etwa durch die höheren Sicherheitsauflagen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Welches Sparpotenzial bietet sich Immobilienkäufern in der aktuellen Lage, um den Immobilienkauf dennoch so günstig wie möglich zu gestalten?

Maxmilian Götze (MG): Da muss man vorweg vor allem unterscheiden, ob Sie zur Selbstnutzung oder als Kapitalanlage kaufen.

Für Investoren bieten sich in der aktuellen Lage gute Möglichkeiten, um mit Anlageimmobilien das investierte Vermögen langfristig zu vermehren. Die "hohen Zinsen" können bei der Vermietung einer Immobilie über die Werbungskosten komplett steuerlich abgeschrieben werden und sind somit eher ein sekundäres Problem. Das ist nicht so schlimm, wie alle denken.

Kapitalanlegern bieten sich in der aktuellen Lage gute Möglichkeiten zur Vermögensbildung.

Es empfiehlt sich, sich für eine bestmögliche Kaufvertragsgestaltung von einem Steuerexperten beraten zu lassen. Bei der Immobilienfinanzierung sollten Kapitalanleger zum Beispiel darauf achten, einen hohen Anteil des Gebäudes am Kaufpreis im Kaufvertrag festzuhalten. Denn nur dieser Gebäudeanteil kann steuerlich abgeschrieben werden (Stichwort AfA - Abschreibung für Abnutzung bei Immobilien). Da ein Grundstück sich nicht abnutzt, ist hierfür keine Abschreibung möglich. Für das Gebäude ist eine Abschreibung 50 Jahre lang zu zwei Prozent des Kaufpreises möglich. Ab nächstem Jahr soll der Satz für lineare Abschreibungen sogar noch erhöht werden.

IK: Und wie können Käufer zur Eigennutzung sparen?

MG: Selbstnutzer können zwar die Instandhaltungskosten für die Immobilie abschreiben, Finanzierungszinsen aber nicht absetzen. Erster Schritt ist es also, möglichst viel Eigenkapital einzubringen, um günstige Kreditkonditionen zu erhalten.

Selbstnutzer profitieren von eigenkapitalersetzenden Darlehen und können auch Depots und Rentenversicherungen beleihen.

Neben Erspartem und persönlichem Vermögen sollten Sie unbedingt prüfen, ob Sie externe Förderungen oder KfW-Darlehen und Tilgungszuschüsse in Anspruch nehmen können. Diese können im Rahmen einer Finanzierung bares Geld sparen, da sie teilweise dem Eigenkapital zugerechnet werden können. Oder günstigere Finanzierungskonditionen bieten als klassische Bankkredite.

Auch Depots oder fondsgebundene Rentenversicherungen können oft mit einem Beleihungswert von 50 Prozent angesetzt werden. Weiterer Vorteil hierbei: das Kapital kann weiterarbeiten.

IK: Trotzdem haben Inflation und steigende Energiekosten die Situation für Kreditnehmer erschwert. Wer letztes Jahr noch problemlos eine Zusage erhalten hätte, bekommt heute mitunter eine Absage oder deutlich schlechtere Kreditkonditionen. Was sind denn die größten Stellhebel, um eine Zusage für die Immobilienfinanzierung zu bekommen?

MG: Neben dem bereits erwähnten Eigenkapital punkten Antragsteller vor allem durch eine gute Vorbereitung. Da es zum Beispiel in Berlin immer noch große Konkurrenz durch andere Kaufinteressenten gibt und oft die Devise "first come, first served" gilt, zahlt sich Schnelligkeit aus. Die Zinsen verändern sich teils wöchentlich - je schneller der Immobilienkredit beantragt wird, desto günstiger. Wer grundsätzlich die Voraussetzungen erfüllt, sollte mit der Beantragung der Finanzierung nicht lange warten.

Eine gute Vorbereitung für den Kreditantrag erhöht die Chancen.

Wer seine Bonitätsunterlagen wie Nachweise zu Gehaltsabrechnungen, Vermögenswerten, Lebensversicherungen etc. schon parat hat und über den Immobilienmakler auch alle relevanten Unterlagen zur Immobilie an die Bank übersenden kann, hat bessere Chancen, schnell eine Kreditzusage zu erhalten. Und erfolgreich die Immobilie zu kaufen.

Große Vorteile genießt außerdem, wer neben dem eigenen Eigenkapital der Bank weitere Zusatzsicherheiten bieten kann. Das können beispielsweise Bürgschaften oder Hypotheken auf andere Immobilien sein. Allerdings akzeptieren nicht alle Banken Bürgschaften und diese setzen eine sehr gute Bonität des Bürgen voraus.

IK: Hast du weitere Empfehlungen für die junge Familie, die sich ein Eigenheim kaufen möchte?

MG: Käufer sollten sich bei der monatlichen Belastung für den Kredit nicht übernehmen und immer an ein Worst-Case-Szenario denken. Zumindest die Kaufnebenkosten sollten durch Eigenkapital gedeckt sein, damit die Finanzierungskosten nicht zu hoch werden.

Man sollte sich immer die Frage stellen, was passiert, wenn jemand aufgrund von Krankheit ausfällt und ein Einkommen wegbricht? Für den Fall der Fälle sollten Rücklagen in ausreichender Höhe gebildet werden. Deshalb ist es wichtig, eine professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen, um die Finanzierung auf solide Beine zu stellen.

Es sollte immer ausreichend Rücklagen für ein Worst-Case-Szenario geben, falls ein Einkommen wegbricht.

IK: Wie ermittle ich denn, welche Kredithöhe oder Immobilie ich mir mit meinem Einkommen leisten kann?

MG: Die monatliche Kreditrate ohne Strom und Heizkosten sollte maximal 35 Prozent des Familiennettoeinkommens nicht übersteigen. Bei einem Nettoeinkommen von 5.000 Euro wären das beispielsweise 1.750 Euro, die in die Finanzierung fließen können.

IK: Sind Bauspardarlehen empfehlenswert? Hiermit können sich Darlehensnehmer immerhin feste Zinssätze für einen bestimmten Zeitraum sichern und sind unabhängig von der Entwicklung der Zinsen für herkömmliche Immobilienkredite.

MG: Ich persönlich bin kein Freund von Bauspardarlehen. Meistens werden Baufinanzierungen mit Bauspardarlehen gekoppelt, um die monatliche Belastung möglichst niedrig zu halten. Diese machen die Finanzierung aber zumeist sehr teuer und erhöhen die Gesamtkosten ungemein. Hier empfehle ich, vorzugsweise mit einem Aktiensparplan zu arbeiten, um für die Anschlussfinanzierung gut aufgestellt zu sein.

Ein Bauspardarlehen würde sich nur auszahlen, wenn zukünftig die Zinsen extrem ansteigen würden. Davon gehe ich aber nicht aus. Banken und Finanzierer schüren teils unnötig Ängste vor hohen Zinsen, um diese Produkte zu verkaufen.

IK: Welche Sparchancen bieten sich Kreditnehmern bei der Gestaltung der Finanzierung selbst? Zum Beispiel durch die Wahl der Zinsbindung oder Sondertilgungsoptionen?

MG: In der aktuellen Marktlage würde ich auf unnötig lange Zinsbindungen und Sondertilgungsoptionen verzichten. Diese machen aus meiner Sicht die Finanzierung nur unnötig teuer. Das gilt besonders für Käufer von Anlageimmobilien. Wie gesagt, hohe Zinsen können abgeschrieben werden. Und durch die aktuell hohe Inflationsrate ist es doch gut, wenn mein Kredit jedes Jahr entschuldet wird.

Die Inflation kann Kreditnehmern zugute kommen, denn sie entschuldet den Kredit zusätzlich.

IK: Du rätst also von Sondertilgungen eher ab?

MG: Gerade bei jungen Menschen sehe ich darin keinen Vorteil, die hohe Inflation kommt ihnen zugute. Solange der Kredit gut bedient werden kann, würde ich zusätzliches Kapital lieber in Vermögensaufbau durch Aktien investieren.

IK: Das mag für Kapitalanleger zutreffen, die für den Kauf oft weniger Eigenkapital einbringen müssen und Zinsen absetzen können... Wer zur Selbstnutzung eine Immobilie kauft, hat aber häufig ein Interesse daran, möglichst schnell oder spätestens bis zum Rentenbeginn schuldenfrei zu sein. Im Falle einer Anschlussfinanzierung muss bei schnellerer Tilgung eine geringere Restsumme finanziert werden.
Überwiegt das als Vorteil nicht mögliche Zinsaufschläge für die Sondertilgung? Je nach Kreditvereinbarung sind diese ja in gewissem Rahmen, z.B. jährlich fünf bis zehn Prozent der Darlehenssumme, auch ohne Zinsaufschlag möglich. Zumal vorhandenes Kapital aufgrund der hohen Inflation rapide an Wert verliert. Die Immobilie ist in dieser Hinsicht wertbeständiger und bietet ihren Bewohnern, sobald sie abgezahlt ist, auch eine finanzielle Sicherheit.

MG: Grundsätzlich stimmt das. Die Entscheidung muss jeder für sich treffen. Beides hat ein Für und Wider. Hier geht es klar danach, womit sich der Kreditnehmer am wohlsten fühlt. Einige kriegen Bauchschmerzen bei dem Gedanken große Kredite laufen zu haben und wollen möglichst schnell schuldenfrei sein.

Ich persönlich bin aber ein Freund davon - gerade bei der aktuellen Inflation - wenig bis gar nicht zu tilgen, da man dadurch zusätzlich entschuldet wird. Kredite, insofern sie in Vermögenswerte investieren, können ein "Turbo" für den Vermögensaufbau sein.

IK: Kreditnehmer sollten sich also mit ihrer eigenen Risikoaffinität auseinandersetzen? Auch hier wird wieder deutlich, dass es immer einen individuellen Ansatz für die Wahl der Finanzierung braucht. Deshalb zum Abschluss die Frage: Was ist für die Immobilienfinanzierung deiner Erfahrung nach besser? Die Hausbank "vor der Tür" mit dem persönlichen Ansprechpartner oder eine Online-Bank?

MG: Ganz klar der Direktkontakt, gerade bei komplizierteren Vermögens- und Lebenssituationen. Da steigen die Chancen, individuelle Lösungen zu finden.

Dennoch lohnt sich immer ein Vergleich mehrerer Kreditbanken. Ich empfehle, idealerweise mit mehr als einem Baufinanzierer in Kontakt zu treten, bis man einen guten und zuverlässigen Ansprechpartner gefunden hat.

Wer Immobilien zur Kapitalanlage nutzen möchte, sollte sich außerdem ein Netzwerk aufbauen. Persönliche Kontakte und deren Erfahrungswerte können zu ganz anderen Möglichkeiten hinsichtlich Kreditentscheidungen und Zinshöhe verhelfen.

Unser Interviewpartner

Maxmilian Götze führt mit Maximilian Götze Invest seit 2022 sein eigenes, wachsendes Unternehmen in Berlin. Er studierte Wirtschaft mit Schwerpunkt Consulting, Steuern und Finance an der Hochschule Wismar und ist seit 2016 in der Finanzbranche tätig.

Wir danken für das Interview.

Gut beraten zum Immobilienkauf in Berlin

Die Aussagen in diesem Interview sollen einen Einstieg in das Thema Immobilienfinanzierung ermöglichen, ersetzen jedoch keine individuelle Beratung durch erfahrene Finanz- oder Finanzierungsberater, Rechtsanwälte und Steuerexperten. Es handelt sich dabei um eine individuelle Einschätzung und Empfehlungen, welche nicht die generelle Haltung der ImmoKEY GmbH widerspiegeln.

Für Fragen rund um den Kauf einer Immobilie sowie die vorausschauende Planung, steht Ihnen unser ImmoKEY Team gerne zur Verfügung. Darüber hinaus empfehlen wir Ihnen gerne geeignete Ansprechpartner aus unserem professionellen Netzwerk.

Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme! Nutzen Sie einfach unser Kontaktformular oder rufen Sie uns an unter +49 (30) 610 820 200.

Fotos: © Maximilian Götze

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