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18. August 2022 | Rat § Recht
Absicherung von Immobilien und Hartz 4

Immobilien und Hartz 4

Ein Immobilienkauf ist nachweislich mit die beste Absicherung für's Alter. Wer jedoch später einmal auf Sozialleistungen angewiesen sein sollte, muss vorsorgen.

Wohneigentum und staatliche Leistungen: auf die "angemessene" Größe kommt's an

Das bekam aktuell ein auf Hartz 4 angewiesenes Ehepaar mit Eigenheim zu spüren, wie zeit.de berichtet. Um Leistungen vom Jobcenter zu erhalten, muss das Eigentümerpaar das nun zu große Haus ganz oder anteilig verkaufen, wie das Bundesverfassungsgericht entschied.

Was ist passiert?

Das Ehepaar lebte mit sechs Kindern im selbst erbauten Haus mit rund 144 Quadratmetern Wohnfläche. Nach und nach zogen die erwachsenen Kinder aus. Seit 2013 lebte das Paar alleine in der Immobilie. Als die Frau arbeitslos wurde, wollte sie ab 2018 Hartz 4 (ALG II) beziehen, der Antrag wurde jedoch abgelehnt. Begründung: Aufgrund der Größe der Immobilie sei das Wohneigentum nicht gänzlich dem sogenannten Schonvermögen zurechenbar. Bevor die Ehefrau Anrecht auf staatliche Leistungen habe, müsse das Paar zunächst das Wohneigentum einsetzen, um den Bedarf selbst abzusichern. Kurzum: die Immobilie teilweise oder ganz verkaufen oder beleihen. Diesem Urteil stimmte das Bundesverfassungsgericht 2022 in letzter Instanz zu.

Diesem Risiko können Sie vorbeugen...

... indem Sie Ihre Rechte kennen und Ihr Immobilieneigentum vorausschauend schützen. Denn Immobilieneigentümer:innen sollten für den "Ernstfall" gewappnet sein und ihre Möglichkeiten kennen, um sich und ihr Wohneigentum für finanzielle Engpässe durch längere Arbeitslosigkeit oder Geldmangel im Alter abzusichern. Beugen Sie vor, damit Sie im Falle eines Falles Ihr vertrautes Zuhause und Ihr liebgewonnenes Wohnumfeld nicht verlassen müssen. Um folgende wichtige Fakten sollten Sie wissen:

Wann zählen Immobilien zum Schonvermögen?

Grundsätzlich sind selbst bewohnte Immobilien als "Schonvermögen" nach Sozialgesetzbuch (SGB II) geschützt. Es gilt der Grundsatz, dass eine angemessene Wohnung zum Grundbedarf jedes Menschen gehört. Anlageimmobilien, also etwa eine vermietete Wohnung, zählen hingegen zum "verwertbaren Vermögen", das zunächst verbraucht werden muss, bevor Anspruch auf Leistungen besteht.

Beim Bezug von Arbeitslosengeld (ALG I) werden Wohneigentum und andere Vermögenswerte nicht angerechnet. Wohneigentum ist grundsätzlich auch im Falle von längerer Arbeitslosigkeit (Bezug von Hartz 4 bzw. ALG II) oder dem Bedarf an Grundsicherung im Rentenalter geschützt. Für die Wohnfläche gibt es dann jedoch Obergrenzen ("Angemessenheit"), die sich an der Zahl der Bewohner:innen orientieren:

Haushaltsgrößeangemessene Wohnfläche
Ein-Personen-Haushalt80 m²
Zwei-Personen-Haushalt90 m²
jede weitere Person+ 20 m²

Darüber hinaus darf die Grundstücksfläche im städtischen Bereich 500 m² und im ländlichen Bereich 800 m² nicht übersteigen.

Ist die Wohnfläche angemessen, übernimmt das Jobcenter sogar Kosten für Heizung und Warmwasser, Steuern und Versicherungsbeiträge sowie Zinsen für den Immobilienkredit. Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (bmas.de).

Wenn das Wohneigentum zu groß ist: lassen Sie sich rechtlich beraten!

Wer in einer größeren Immobilie wohnt und ALG II oder Grundsicherung beziehen möchte, muss den Bedarf zuerst durch das eigene Vermögen decken. Beispielsweise durch einen teilweisen Verkauf der Immobilie, eine Aufteilung des Grundstücks oder Untervermietung. Auch ein kompletter Verkauf und Umzug kann erforderlich sein.

Hier empfiehlt sich immer eine Rechtsberatung, denn Eigentümer:innen dürfen nicht zu einem "unwirtschaftlichen Verkauf" gezwungen werden. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Kosten für den Unterhalt einer abbezahlten Immobilie deutlich niedriger sind als die Anmietung einer kleineren Wohnung. Oder absehbar ist, dass nur für kurze Zeit Hartz 4 bezogen wird.

Positiv: Derzeit plant die Bundesregierung die Einführung eines neuen Bürgergeldes ab Januar 2023, welches Hartz 4 ersetzen soll. Für die ersten zwei Bezugsjahre soll eine Prüfung des Vermögens, einschließlich Wohneigentums, wegfallen. Erst bei längerem Bezug sollen eine Offenlegung der Vermögenswerte nötig werden und Obergrenzen für den Wohnraum je Haushaltsgröße greifen.

Wohnfläche reduzieren: Überschreibung der (anteiligen) Immobilie auf Verwandte

Wer ohnehin plant, seine Immobilie zu einem späteren Zeitpunkt an seine Kinder oder andere Verwandte zu vererben, kann sich die hohen Steuerfreibeträge für eine Immobilienschenkung innerhalb der Familie zunutze machen und dadurch die eigene Wohnfläche "reduzieren". Denn alle zehn Jahre können Vermögenswerte im Rahmen der individuellen Freibeträge (relevant ist das Verwandtschaftsverhältnis) steuerfrei übertragen werden. Eine Win-Win-Situation für Eigentümer:innen und zukünftige Erb:innen.

Besitzen Sie ein Einfamilienhaus und bewohnen beispielsweise nur die Einliegerwohnung oder können eine solche abteilen, ist auch eine Übertragung des nicht bewohnten Immobilienanteils möglich. So können Sie sicherstellen, dass der selbst genutzte Wohnraum im Rahmen der Wohnflächen bleibt, die als Schonvermögen geschützt sind.

Wer trotz Schenkung bis zum Lebensende in der eigenen Immobilie wohnen bleiben möchte, sollte notariell unbedingt ein Nießbrauchrecht festhalten lassen.

Die richtigen Ansprechpartner:innen

Dieser Beitrag dient als Übersicht zum Thema, stellt jedoch keine Beratung dar. Alle Angaben basieren auf der derzeitigen Rechtslage sowie aktuellen Meldungen. Im Einzelfall empfiehlt es sich immer, professionelle Steuer- und Finanzberater:innen sowie Anwält:innen zu Rate zu ziehen und individuelle Regelungen notariell beurkunden zu lassen.

Für Fragen rund um den Kauf oder Verkauf Ihrer Immobilie sowie die vorausschauende Planung, steht Ihnen unser ImmoKEY Team gerne zur Verfügung. Darüber hinaus empfehlen wir Ihnen gerne geeignete Ansprechpartner:innen aus unserem professionellen Netzwerk.

Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme! Nutzen Sie einfach unser Kontaktformular oder rufen Sie uns an unter +49 (30) 610 820 200.

Foto: Andrea Piacquadio via Pexels

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